Wie kommt man auf die wahnwitzige Idee, mit seinem Kind das Schulpraktikum Klasse 9 420 km von zu Hause zu absolvieren? Ganz einfach, weil der Zufall es so will.
Mir ist es in den letzten 30 Jahren oft passiert, das geplante Dinge völlig schiefgelaufen sind. So musste man Alternativen suchen, die im nachhinein gesehen – immer viel besser waren. „Gut, das es so passiert ist“; diese Gedanken hatte ich oft danach.
So auch dieses Mal. Nachdem meinem Kind das zugesagte Schulpraktikum vom der Firma auf eine Woche gekürzt wurde (2 Wochen sind Pflicht) musste ich nach einer Alternative suchen. Immer im Hinterkopf: muss mit den Öffentlichen erreicht werden. Nach dem ich Tage damit verbracht habe, passende Alternativen zu suchen … wurden mir diese alle abgelehnt – „zu spät“, „schon ausgebucht“. Natürlich klar, wir waren sehr spät und nicht nur unsere Oberschule hatte Schulpraktikum, sondern auch die Dresdner Schulen.
So hatten wir 14 Tage vor Start noch immer keinen Platz. Alternative dazu war ein von der Schule festgelegtes Praktikum – also keine Alternative :-).
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Nun kommt der Zufall ins Spiel: Bei Facebook sah ich ein Posting der Firma Sterntaucher Filmproduktion Hamburg. Das war die Lösung. Zufälligerweise gehört diese Firma meiner geliebten Grundschulfreundin, die ich durch Zufall vor 10 Jahren wieder treffen durfte. Zufälligerweise ist das genau die Richtung Berufsbild, welches ich meiner Tochter vorstellen wollte. Also, nicht überlegt (spontan und bissl verrückt war ich schon immer) angefragt, Hotel gebucht, losgefahren.
So leicht ging das natürlich nicht … die Vorbereitung hat mich die größte Zeit der Tage vorher gekostet und alles ein wenig (manchmal auch mehr) durcheinander gebracht…
Schon die Frage: Auto oder Bahn … die Entscheidung hat mich Tage gekostet … Gott sei Dank ist sie mir dann – auch durch einen Zufall – abgenommen wurden. Wir mussten mit der Bahn fahren, da ich kein Auto hatte -> völlig richtige Entscheidung.
Hotel oder Fewo? Letztendlich entschied der Preis und die Bewertungen.
Zufälligerweise sind wir genau hier gelandet: Reeperbahn, St. Pauli, Große Freiheit – halt ohne nachzudenken, ABER zufällig genau die richtige Entscheidung.
Hier erreicht mal alles fußläufig: Landungsbrücken, Hafen, St.Pauli Elbtunnel, Speicherstadt mit Miniaturwunderland und Dungeon, Theater an Theater, Panoptikum, PanikCity .. und den ersten Weihnachtsmarkt „SantaPauli“.
Tagsüber ist die „Ecke“ hier – sagen wir mal – nicht so hübsch. Abends lohnt es sich einfach, durch die Straßen zu schlendern und alle Eindrücke wahrzunehmen.
Ich habe alles abgelaufen, 10.000 – 20.000 Schritte am Tag. Zwischendrin habe ich im Hotel gearbeitet (Homeoffice) – vielen Dank an den Chef. Meine Zeiten habe ich nach dem Wetter geplant. Einfach nur Toll.
Da ich „fast“ immer alleine war (S. war zum Praktikum) und mich mit niemanden unterhalten „musste“, war ich auch relativ fit und habe lange durchgehalten. Meine Pausen konnte ich frei einteilen und mich im Hotel immer wieder erholen. Wenn es gar nicht mehr ging, steigt man einfach in die Bahn und fährt ins Hotel. Das ist hier echt alles super gut organisiert.
Auch konnte ich mich 2 Abende mit meiner Grundschulfreundin Marina treffen und über alte Zeiten quatschen. Anstrengend aber nicht nur richtig gut, sondern nicht bezahlbar.
Es war die völlig richtige Entscheidung. Ich konnte frei (ohne Haus, Familie, Termine) organisieren. Ich bin in den Tagen mehr draußen gewesen, als im letzten halben Jahr :-(. Nun muss ich nur noch schaffen, diese Motivation mit nach Hause zu nehmen.
Ein Fazit zu schreiben ist echt schwierig.
Es war mal gut, aus alten Strukturen auszubrechen. Es war auch gut, „allein“ hier zu sein. In Ruhe, ohne Familie. Klingt doof, aber ist halt für mich entspannend, da ich nur reden „muss“ wenn ich das auch will und wenn ich gerade fit bin. Zuhause ist man immer an den Alltag gebunden und dadurch nicht so flexibel. Ich konnte meinen Tag frei einteilen, ohne Termine und ohne Zeitdruck. Das geht natürlich nur ein paar Tage gut. Dann ist auch hier alles abgelaufen und ich habe keine Ziele* mehr. Dann fehlten die Termine und die Gespräche zu Hause und auf Arbeit. *ich kann nur spazieren oder Fahrrad fahren, wenn ich ein Ziel habe. Einfach so mal los, geht bei mir nicht.
Nun doch ein Fazit: Klar, bin ich kaputt. Klar, werde ich nun wieder Tage brauchen, um in den Alltag zu kommen. Aber es hat sich gelohnt. Es gibt noch ein Leben außer Haus, Garten, Familie und Terminen. Ich muss es nur wissen und mich trauen.
Morgen fahren wir wieder nach Hause – hoffentlich streikt die Bahn nicht mehr. Nochmal 4,5 h Zug, ohne Stopp. Das müsste auszuhalten sein.
Nächste Woche heißt es, wieder einen Rhythmus in den Tag/die Woche zu bekommen, und die guten Vorsätze umzusetzen. Ich werde berichten.
Kurz und Knapp: Tolle Woche, Tolle Stadt, wir kommen wieder. Warum aber in Hamburg die S-Bahn unten und die U-Bahn oben fährt und warum die Ampeln immer auf rot schalten, wenn man gerade losgelaufen ist .. werden wir erstmal nicht erfahren.“
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